1276_Erbfolgekriege

Erbfolgekriege bei Wattweiler



Im Jahre 1273 war in der Grafschaft Blieskastel, zu der damals auch die Feste Schaumburg bei Tholey sowie die Herrschaft Püttlingen gehörten, Graf Heinrich gestorben. Der Graf hinterließ seine Witwe und sieben Töchter. Alle erhoben als gesetzliche Erben gleiche Ansprüche auf die hinterlassenen Besitzungen. Die älteste Tochter, Elisabeth, war mit Graf Rainald von Lothringen und Bitsch, dem jüngsten Sohn des Herzogs Friedrich von Lothringen, verheiratet. Eine weitere Tochter war Ehefrau des Grafen von Salm, der sich im Erbstreit gegen den Lothringer Herzog stellte und im Zweibrücker Grafen Heinrich II. einen Verbündeten gewann. Die Auseinandersetzungen führten schließlich zu mehreren Erbfolgekriegen, dessen erster im Jahre 1276 auf der Wattweiler Höhe ausgetragen und von dem „königlich. Bayer. Oberlandesgerichtsrath a.D.“ Ludwig Molitor in seiner „Vollständigen Geschichte der ehemals pfalz-bayerischen Residenzstadt Zweibrücken“ (1885) so beschrieben wurde:

Südwestlich von Zweibrücken zieht sich jenseits der Horn eine Anhöhe hin, welche, von dem Dorfe Bubenhausen an aufsteigend, zu einer ausgedehnten Hochfläche sich ausbreitet und in weitem Halbkreise das rechts in einer Thalvertiefung liegende Dorf Wattweiler umgibt, sodann aber oberhalb der Banngrenzen der in dem Bliesthale gelegenen Orte Mimbach und Webenheim abschließt. Gegen Ost stößt dieselbe an die zu den Ortsgemeinden Ixheim, Mittelbach und Hengstbach gehörigen Fluren und Aecker. Diese langgestreckte Hochebene, nur hie und da durch wellenförmige Bodenerhebungen von mäßiger Höhe unterbrochen, ist ganz geeignet zu einem Schlachtfelde, wie es die Art der damaligen Kriegsführung mit sich brachte. Denn vor dem Aufkommen der Schießwaffen war es hauptsächlich die Reiterei, in welcher die Kraft der Heere lag und welche in den Kriegen jener Zeit die Schlachten entschied. Für den Kampf einer solchen Waffengattung erscheint das beschriebene Hochplateau, die Wattweiler Höhe genannt, wie geschaffen.

Nach den uns überkommenen Nachrichten überfiel der Herzog von Lothringen unseren zweibrücker Grafen als seinen Hauptgegner, und kam es auf dieser wattweiler Höhe zu einem blutigen Kampfe. Daß die beiderseitigen Heerhaufen nicht unbedeutend gewesen sein können, geht einestheils aus der damals mächtigen Stellung der lothringer Herzoge, wie anderntheils daraus hervor, dass eine größere Zahl von Fürsten und Herrn an diesem Kriegs sich betheiligt hatten. Dabei war die Bewaffnung und Kampfweise in jener Zeit der Art, dass die Verluste in einer solchen Schlacht in der Regel sehr bedeutend sein mußten. Der berittene Theil der Heeresmasse bestand gewöhnlich aus drei Ordnungen: zunächst aus den Bannerherrn (bannerets) d.h. denjenigen Herrn, welche so viele Vasallen in ihren Gefolge hatten, dass sie eine besondere Abtheilung von Kämpfern (compagnie) bildeten und ihre eigene Fahne entfalten konnten; sodann aus der Schar der einzelnen Ritter und endlich aus den Schild– oder Waffenträgern (ecuyers) d.h. einfachen Edelleuten, welche ohne noch Ritter zu sein ihren Herrn in den Kampf begleiteten. Zwischen diesen berittenen Kämpfern hindurch bewegten sich dann zu Fuß (varlets) ohne Führer und ohne an eine Ordnung gebunden zu sein (sans chefs et sans discipline). Sie durchschwärmten das Schlachtfeld theils kämpfend, theils um die Beute an den Besiegten zu sammeln und den verwundet daliegenden mittelst ihrer gewöhnlich in einem Kolben oder einer Streitaxt bestehenden Waffe den Gnadenstoß (glaive de mercy) zu geben. Dabei kämpfte der Ritter auf einem gewaltigen Streithengste (dextrarius genannt), Mann und Roß von oben bis unten schwerfällig in Eisen gepanzert. Als Waffen führte er Lanze, Schwert und Streitkolben, und war der Kampf häufig ein Einzelkampf, indem die hervorragenden Führer sich gegenseitig aufsuchten und ihre Kräfte maßen.

Daß das Reitergefecht auf der wattweiler Höhe ein sehr heißes und erbittertes gewesen sein müsse, geht aus dem geschichtlichen Berichte hervor, der uns hierüber vorliegt. Heinrich II., in dessen Umgebung ohne Zweifel seine mannhaften Söhne, Eberhard und Walram, am blutigen Kampfe sich betheiligten, hatte hierbei wiederum Gelegenheit, seine kriegerischen Eigenschaften glänzend zu entfalten und seinen Beinamen des Streitbaren vollkommen zu rechtfertigen. Denn die Geschichte meldet uns kurz aber inhaltsschwer: Dux Lotharingiae victus a Comite Geminipontis: utrimque cederunt multi et equi et homines).

Graf Heinrich war Sieger, aber auf beiden Seiten war der Verlust sehr bedeutend, Menschen und Pferde waren in großer Menge gefallen. Mit gespannter Erwartung mögen die zurückgebliebenen Insassen der gräflichen Burg sowie die Bewohner Zweibrückens, deren Angehörige so manchen ritterlichen Kämpfer in den Reihen des Burgherrn zählten, dem Ausgange des nahen Kampfes entgegen geharrt haben, bis sie endlich die heimkehrenden Schaaren von der Höhe oberhalb Bubenhausen in langem Zuge herabkommen sahen, den Sieg ihres Herrn zwar verkündend, aber auch der Opfer an Todten und schwer Verwundeten gedenkend, welche theilweise unter gefallenen Pferden liegend und von der Last der Eisenpanzer erdrückt die blutgetränkte Wahlstatt mit ihren Leibern deckten.

(Molitor, Ludwig. Vollständige Geschichte der ehemals pfalz-bayerischen Residenzstadt Zweibrücken. Zweibrücken: Ruppert, 1885, 45-47)