20 Jahre SGB II – Interview mit Edith Schaeffer-Klopf


2005- als in Zweibrücken eine neue Ära begann

Als das SGB II 2005 eingeführt wurde, war klar: Die bisherigen Strukturen im öffentlichen Dienst würden sich grundlegend verändern. Zwei getrennte Systeme – Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe – wurden zu einer einheitlichen Leistung für alle Erwerbsfähigen zusammengeführt. „Das war der größte Umbruch“, erinnert sich Frau Edith Schaeffer-Klopf.

Frau Schaeffer-Klopf war damals dabei, als die neue Arbeitsgemeinschaft (ARGE) in Zweibrücken gegründet wurde. Als Geschäftsführerin erwartete sie schwierige, aber auch spannende Zeiten.

„Das war etwas ganz Neues. So was gab es noch nie.“, erinnert sich die heutige Geschäftsführerin Birgit Heintz. Damals starteten sie praktisch bei null: keine erprobten Strukturen, mit einer rudimentären Gesetzvorlage und viel Eigenverantwortung. Personal musste gefunden, Räume organisiert und Lösungen oft improvisiert werden. „Ich habe erstmal geguckt: Was habe ich für Personal?“, erzählt Schaeffer-Klopf. „Wer könnte sich dafür interessieren und geeignet sein?“

Mit Pragmatismus und Teamgeist wuchs die ARGE Stück für Stück zusammen. Die Stimmung war von Aufbruch geprägt – man wollte gestalten, durfte auch gestalten.  Allerdings überstiegen die tatsächlichen Fallzahlen die Prognosen, was bedeutet, dass in vielen Bereichen (Personal, Raumbedarf) nachgesteuert werden musste.


Bundesagentur trifft Kommune: Wie zwei Systeme eins wurden

Erstmals rückte die Vermittlung in Arbeit für alle Erwerbsfähigen in den Mittelpunkt – auch für Menschen, die zuvor nur Sozialhilfe bezogen hatten. Rückblickend beschreibt sie die Zeit vor dem SGB II: „Was haben wir gemacht mit denen, die dann mal mit dem Zettel gekommen sind, dass sie sich melden müssen? Jetzt Sozialhilfeempfänger – Stempel drauf, tschüss, auf Wiedersehen. Also richtig wirklich passiert ist da nichts.“ Mit der Einführung des SGB II änderte sich das grundlegend: Neben der Sicherstellung des Lebensunterhaltes ging es jetzt darum, die Menschen aktiv in Arbeit zu bringen. Vermitteln, qualifizieren, begleiten: Was früher undenkbar war, wurde zur neuen Leitlinie.

Finanziell bedeutete es jedoch für viele weniger Geld – vor allem die, die vorher Arbeitslosenhilfe erhielten. Gleichzeitig eröffneten sich neue Möglichkeiten: durch Weiterbildungen, Arbeitsgelegenheiten oder Aufstockung für Selbstständige. Viele Programme, die zunächst Hoffnung gaben, wurden später zurückgefahren. Und doch: Aus dem System wurde ein Instrument, mit dem man etwas bewegen konnte.


Ausblick: Jobcenter 2045?

Schaeffer-Klopf ist überzeugt: Auch in 20 Jahren wird das Jobcenter eine zentrale Rolle spielen – allerdings in weiterentwickelter Form. Die fortschreitende Digitalisierung soll dabei entlasten. Für Schaeffer-Klopf liegt die Chance in der Technik vor allem in der Entlastung: Bereits 2016 wurde die eAkte eingeführt, was insbesondere in den Corona-Zeiten die Aufgabenerledigung sicherstellte. Wenn Künstliche Intelligenz in bestimmten Bereichen unterstützt, bleibt mehr Zeit für das, was wirklich zählt – das persönliche und individuelle Beratungsgespräch.

Der Wandel der Arbeitswelt und neue Berufsbilder machen Beratung wichtiger denn je – für junge Menschen genauso wie für Ältere oder Geflüchtete. Die Fähigkeit, passgenau zu begleiten, wird entscheidend sein.

Doch nicht nur inhaltlich, auch strukturell sieht Schaeffer-Klopf Handlungsbedarf: Doppelstrukturen zwischen BA und Kommune, unterschiedliche Tarife, unklare Zuständigkeiten – all das müsse überdacht werden. Eine stärkere Finanzierung durch den Bund könne die Kommunen entlasten und effizientere Strukturen ermöglichen.

Schaeffer-Klopfs Fazit: „Die Anforderungen an die arbeitende Bevölkerung werden sich verändern – und da brauchen wir aus meiner Sicht das Jobcenter und die Arbeitsagentur auf jeden Fall. Das werden viele Menschen allein nicht hinkriegen. Gute Beratung und Unterstützung- genau deswegen hat das Jobcenter auch in 20 Jahren Zukunft.“